Anerkenntnis durch Abschlagszahlung - Stimmt der Auftraggeber durch Bezahlung einer Abschlagsrechnung einer darin enthaltenen Preiserhöhung zu?


Von:  LIV BB / 07.03.2023 / 14:04


Zwar haben Abschlagszahlungen grundsätzlich nur vorläufigen Charakter, denn die endgültige Abrechnung einer vom Auftragnehmer ausgeführten Leistung erfolgt erst im Rahmen der Schlussabrechnung.


Es fragt sich allerdings, ob beispielsweise ein in einer Abschlagsrechnung enthaltener erhöhter oder zusätzlicher Vergütungsbetrag durch ungekürzte Bezahlung dieser Rechnung ein stillschweigendes Anerkenntnis bedeutet. 

Fall 

Zwischen einem Auftraggeber (AG) und einem Schreinerbetrieb (AN) ist die Ausführung von Parkettund Bodenbelagsarbeiten nach VOB/B innerhalb festgelegter Ausführungsfristen zu einem Pauschalpreis vereinbart. Weil sich die Vorgewerke erheblich verzögern, ruft der AG die vereinbarten Leistungen erst mit erheblicher Verspätung beim AN ab. Dieser verlangt deshalb eine pauschale Erhöhung der vereinbarten Pauschalvergütung um 7,5 Prozent, ohne hierfür entsprechende Nachweise vorzulegen. Obwohl über eine Preiserhöhung keine Einigung zwischen den Vertragspartnern zustande kommt, bezahlt der AG eine Abschlagsrechnung, die eine um 7,5 Prozent erhöhte Vergütung ausweist, ohne Vorbehalt in voller Höhe. Später kürzt er die Schlusszahlung allerdings wieder um diesen Betrag.

Kann sich der AN aufgrund der ungekürzt geleisteten Abschlagszahlung auf ein vom AG stillschweigend erklärtes Anerkenntnis der erhöhten Werklohnforderung berufen?

Die Entscheidung

Das OLG Hamburg hat dies mit Urteil vom 27. November 2020 Az.: 8 U 7/20*1) – verneint. Über eine um 7,5 Prozent erhöhte Vergütung ist keine Einigung zwischen den Vertragspartnern zustande gekommen: „Weil Abschlagszahlungen stets nur vorläufigen Charakter haben und über sie noch eine endgültige Abrechnung durch den Auftragnehmer zu erfolgen hat, rechtfertigt ihre Bezahlung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses der darin enthaltenen Positionen, insbesondere nicht hinsichtlich der Höhe der geschuldeten Vergütung.“

Es scheidet deshalb auch ein stillschweigend (konkludent) erklärtes Einverständnis des Auftraggebers mit der vom Auftragnehmer geforderten Erhöhung der vereinbarten Vergütung aus.

Dies gilt umso mehr, da die Vertragspartner eine Pauschalvergütung vereinbart hatten und der Auftraggeber deshalb keinen Anlass hatte, die in der Abschlagsrechnung eingesetzten Preise mit den Angebotspreisen zu vergleichen. Vor allem ist zu berücksichtigen, dass die Preiserhöhung nicht gesondert und deutlich erkennbar in der Abschlagsrechnung kenntlich gemacht worden ist.

Hinweise für die Praxis

  • Das OLG Hamburg wäre vermutlich von einem Anerkenntnis durch den Auftraggeber ausgegangen, wenn der Auftragnehmer in seiner Abschlagsrechnung eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte, dass die wegen der verzögerten Ausführungszeit von ihm verlangte Mehrvergütung in seiner Rechnung geltend gemacht wird.
  • Da das Gericht nicht von einem Anerkenntnis des Auftraggebers ausgegangen ist, hat es geprüft, ob dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung wegen Behinderung nach § 6 Abs. 6 VOB/B zusteht.

Quelle: Baurechtsreport

Autor:
Rechtsanwalt Eckhard Frikell,
Lehrbeauftragter für Baurecht, München

*1 Nichtzulassungsbeschwerde des BGH - Az.: VII ZR 11/21 – mit Beschluss vom 27. 10. 2021 stattgegeben.


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