Prozente, Prozente - Gilt ein Nachlass auf den Angebotspreis auch für Nachtragspreise?


Von:  LIV BB / 07.03.2023 / 15:02


Im Zusammenhang mit dem Abschluss von Bauverträgen gewähren Auftragnehmer nicht selten einen pauschalen Nachlass auf die angebotenen Einheitspreise. Kommt es dann später zu einer geänderten oder zusätzlichen Leistung, fragt sich, ob der beim Vertragsabschluss gewährte Preisnachlass auch für die Nachtragsleistung zur Anwendung kommt.


Fall

Beim Abschluss eines Vertrages über Fahrbahnerneuerungsmaßnahmen gewährt der Auftragnehmer (AN) dem Auftraggeber (AG) einen Nachlass von einem Prozent auf die angebotenen Einheitspreise. In der Ausführungsphase erteilt der Auftraggeber u. a. einen Auftrag zu einer aufwendigeren Ausführung des Gussasphalts. Beide Vertragspartner gehen übereinstimmend davon aus, dass hierfür ein Anspruch des AN auf Mehrvergütung in Höhe von 103.842,26 Euro besteht. Allerdings verlangt der AG zusätzlich einen Abzug von einem Prozent, denn der beim Vertragsabschluss eingeräumte Preisnachlass sei auch für Nachträge zu berücksichtigen. Der AN lehnt das jedoch mit der Begründung ab, dass er den Nachlass nur für die beim Vertragsschluss vereinbarten Leistungen und nicht etwa auf eventuell später anfallende andere Arbeiten eingeräumt habe.

Hat der Auftraggeber für die Nachtragsleistung Anspruch auf den beim Vertragsabschluss gewährten Preisnachlass von einem Prozent?

Die Entscheidung

Das OLG Dresden hat dies mit Beschluss vom 16. 06. 2020 – Az.: 6 U 327/20*1) – verneint. Bei der vom Auftraggeber ,,geänderten Ausführung des Gussasphalts hat keine Reduzierung um den vom Auftragnehmer ursprünglich bei der Ausgangsposition gewährten Nachlass zu erfolgen (vgl. BGH – Az.: VII ZR 34/18)“. Denn ein beim Vertragsabschluss gewährter Nachlass gilt in der Regel nicht für Nachtragsvereinbarungen.

"Der Auftragnehmer will in der Regel seinen Nachlass nicht auf Tatbestände beziehen, die er noch nicht kennt. Etwas anderes gilt nur, wenn den Vertragsunterlagen eine anderweitige Vereinbarung zu entnehmen ist.“

Das ist hier nicht der Fall, sodass der beim Vertragsabschluss eingeräumte Nachlass für den Nachtragspreis nicht zu berücksichtigen ist.

Hinweise für die Praxis

  • Das Urteil entspricht ständiger Rechtsprechung und stimmt mit den Grundsätzen zur Bildung von Nachtragspreisen überein. Danach ist grundsätzlich das Niveau der ursprünglichen Preisbildung beizubehalten. Hierzu zählt ein nur aus Wettbewerbsgründen eingeräumter Nachlass allerdings nicht.
  • Die Berücksichtigung eines pauschalen Nachlasses bei späteren Änderungen des Vertrages kommt deshalb nur in Frage, wenn sich dies aus dem Wortlaut der Nachlassvereinbarung ergibt. Davon ist nach einem Urteil des BGH allerdings auszugehen, wenn der Auftragnehmer einen Nachlass „auf alle Einheitspreise“ eingeräumt hat (BGH vom 24. 07. 2003 Az.: VII ZR 79/02).

Quelle: Baurechtsreport

Autor:
Rechtsanwalt Eckhard Frikell,
Lehrbeauftragter für Baurecht, München

*1 Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BGH vom 26.01.2022 – Az.: VII ZR 107/20 -zurückgewiesen.


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