Umfrage unter Berliner Auszubildenden


04.10.2019 / 12:10


Noch vor Beginn der Schulferien hat der Arbeitsmedizinische Dienst der BG Bau in Kooperation mit der Wilhelm-Ostwald-Schule eine Umfrage unter den Auszubildenden zum Maler- und Lackierer aller drei Ausbildungsjahre durchgeführt, um insbesondere in Erfahrung zu bringen, wie die Auszubildenden mit den physischen und psychischen Anforderungen im Rahmen ihrer Ausbildung zurechtkommen.


Rund ein Drittel aller Auszubildenden, also eine durchaus repräsentative Gruppe, haben sich an der Umfrage beteiligt, die 16 Fragen beantwortet und einige Vorschläge gemacht, was an welcher Stelle wie verbessert kann. Initiiert wurde Umfrage von Jens-Uwe Lutz, der sich als Vorstandsmitglied der BG Bau besonders für Gesundheitsschutz und Prävention im Maler- und Lackiererhandwerk einsetzt. Mit ihm hat das info.tipp-Team über die Motivation und einige interessante Ergebnisse gesprochen. Was hat Sie motiviert, diese Umfrage zu starten? In den letzten Jahren gab es vermehrt Unfälle mit Auszubildenden im Handwerk, gleichzeitig stieg die Zahl der Ausbildungsabbrüche stark an. Ich hatte und habe den Eindruck, dass viele Azubis sich ihrer eigenen physischen und psychischen Fähigkeiten unsicher sind. Die Folgen können dramatisch sein. Bei meiner Arbeit bei der BG Bau geht es neben vielen anderen Themen besonders um die Prävention, also das Verhindern von Unfällen. Mit dieser Umfrage wollten wir herausfinden, wie sich die Auszubildenden tatsächlich mit den Schwierigkeiten und Widrigkeiten im Malerhandwerk mit Blick auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auseinandersetzen und welche Themen ihnen besonders wichtig sind. Welche Umfrageergebnisse hatten Sie erwartet bzw. deckten sich die Antworten mit Ihren Annahmen? Meine Grundannahme, dass viele Auszubildende den körperlichen Anforderungen im Handwerk nicht gewachsen sind, scheint sich zu bestätigen. Darüber hinaus gab es Ergebnisse, die wir so nicht erwartet hatten. Die ehrlichen und aufrichtigen Antworten der Auszubildenden könnten, wenn sie so umgesetzt würden, die Sicherheit auf den Baustellen verbessern und das gesamte Ausbildungssystem verändern.
Das konnten wir weder erwarten noch annehmen. Welche Umfrageergebnisse haben Sie überrascht bzw. liefern Ihnen neue Informationen? Wir haben verschiedene Themen entdeckt, die erschreckend offensichtlich sind, aber von uns bisher noch nicht in den Fokus unserer Arbeit gestellt wurden. Zum Beispiel die Körperliche Überforderung, 16,5% der Befragten fühlen sich insgesamt körperlich überfordert, 33% gelegentlich und nur 13,9 % nie. Wenn man das auf 20.000 Auszubildende in Deutschland hochrechnen würde,  könnten wir von einem enormen Sicherheitsproblem auf den Baustellen sprechen. Rund 3.300 Malerazubis fühlten sich täglich in Deutschland körperlich überfordert. Auch mentaler Druck scheint für viele Auszubildende ein Problem darzustellen, wenn wir erfahren, dass 22,6 % sich durch Hektik und Zeitdruck belastet fühlen. In diesem Zusammenhang muss man auch sehen, dass 36,5 % der Berliner Befragten täglich über zwei Stunden zum Arbeitsplatz hin und zurückfahren. Erschreckend finde ich einige Zahlen zum Thema Fitness und Gesundheit, die in der Eigenverantwortung eines jeden liegen.  Fast die Hälfte, nämlich 46,2 % der Befragten, geben an zu rauchen. Letzte Studien gehen davon aus, dass in Deutschland etwas weniger als 30% aller Erwachsenen rauchen. Aber das ist nicht das einzige Gesundheitsrisiko: 76,2 % haben angegeben nicht auf gesunde Ernährung zu achten und 32,2 % überhaupt keinen Sport zu treiben. Welche Erkenntnisse ziehen Sie direkt? Ich werde Inhalte wie Sport und Ernährung in meinem Betrieb noch stärker ins Blickfeld nehmen und alle Mitarbeiter unterstützen, um Risiken zu minimieren.
Es ist mir darüber hinaus ein Anliegen, dass auch meine Kollegen, der Bundesverband, unsere Innungen, und unser Tarifpartner die Problematik erkennen und entsprechende notwendige Maßnahmen einleiten. Sie alle sollten Ihren Fokus auf die Auszubildenden ausrichten. Denn ohne Nachwuchs gibt es perspektivisch kein Handwerk. Ich persönlich denke, dass unsere Auszubildenden ein Recht auf einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz besitzen. Sie haben alle ein Recht auf eine Schulausbildung, die sie befähigt einen Handwerksberuf auch ausüben zu können. Sie haben ein Recht darauf, im Mittelpunkt eines Unternehmens zu stehen und nicht als vermeintlich billige Arbeitskraft oder lästig fragendes Etwas angesehen zu werden. Wir haben offenbar schon viel zu lang die Auszubildenden mit ihren Sorgen alleine gelassen. Wie geht es nun weiter? Als BG Bau sehen wir die Befragung in Berlin als ein Pilotprojekt. In nächsten Schritten werden wir unsere Befragung bundesweit und teilweise branchenübergreifend ausweiten. Uns interessieren auch ländliche Gegenden, da ich glaube, dass hier noch ganz andere Inhalte und Themen für uns zum Vorschein kommen werden. Interessierte Innungen, Landesverbände können mich gerne hierzu ansprechen.

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