Unwetter und Recht (II): Fremdschäden durch mitgerissenes Equipment


Von:  RA Wolgang Reinders / 10.08.2021 / 09:28


FRANKFURT. Die Hochwasserkatastrophe Mitte Juli in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern hat vielen Menschen vor Augen geführt, welche gewaltigen Schäden Wasser und Stürme anrichten können. Diese Wetterextreme werden durch den Klimawandel häufiger auftreten. Wie Maler- und Lackierer auf der Baustelle ihr Equipment am besten vor Extremwetterlagen sichern und welche Fälle hierzu schon vor Gericht verhandelt wurden, klären wir nun im zweiten von drei Serienteilen zu Unwetter und Recht.


  • Anne Katrin Figge - stock.adobe.com
  • Bei Unwettern kann Baustellen-Equipment Schäden an anderen Gebäuden verursachen, wenn dieses nicht gesichert ist.

Meteorologen sprechen von einem Sturm, wenn der Wind stärker als 20 Meter pro Sekunde weht. Beim hier auftretenden Winddruck können bereits Fahrzeuge auf der Autobahn aus der Bahn gebracht werden. Auf einer Baustelle sind es hingegen häufig kleinere Teile wie leere Eimer, die bei starkem Wind ein Eigenleben entwickeln können. Aber auch größeres Baustellen-Equipment kann durch Sturm und den damit häufig verbundenen Starkregen in Bewegung geraten. Mehrfach waren zum Bespiel Schäden durch mitgerissene Miettoilettenhäuschen Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Das aktuellste Urteil hierzu ist die Entscheidung des Amtsgerichts Friedberg vom 18. Juni 2021 (Az 2 C 861/20). 

Bei aufziehendem Sturm ist das Equipment zu sichern

Demnach ist derjenige im Sinne der Verkehrssicherungspflicht verantwortlich, der die Toilette mietet – also in der Regel der ausführende Handwerker und eben nicht der Vermieter oder Aufsteller. Die Verkehrssicherungspflicht der Handwerksfirmen auf einer Baustelle umfasst all diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Personen- und Sachschäden zu bewahren (hierzu auch ein Urteil des Bundesgerichtshofs, VI ZR 311/11). Eine solche Gefahrenquelle sind auch Miettoilettenhäuschen. Dass diese bei Sturm oder Starkregen umkippen und parkende Fahrzeuge beschädigen können, ist objektiv vorhersehbar.

Der mietende Maler- und Lackiererbetrieb (juristisch: „der tatsächliche Gewahrsamsinhaber“) ist daher verpflichtet, bei einem heraufziehenden und durch die Wettervorhersage rechtzeitig angekündigtem Sturm labile Baustelleneinrichtungsgenstände wie das Miettoilettenhäuschen entsprechend zu sichern oder zu verzurren. Erst bei ganz außergewöhnlichen Sturmereignissen, die Windstärke 13 oder mehr erreichen, besteht keine Haftung gegenüber dem Geschädigten. In diesem Fall trägt jeder Geschädigter seinen Schaden selbst. Bei einem Fahrzeugschaden greift zugunsten des Fahrzeughalters dann allenfalls die Vollkaskoversicherung. Die hier besprochene Gerichtsentscheidung kann stellvertretend für alle vergleichbaren Fälle von Baustelleneinrichtungen herangezogen werden.

Werbebanner an Gerüsten bei Unwetter abhängen

Bei Gerüsten sind insbesondere Gerüstschutzplanen und große Werbebanner kritisch. Auch hier ist der tatsächliche „Gewahrsamsinhaber“, also derjenige, der die tatsächliche Kontrolle hat, verantwortlich. Das ist nicht der Gerüstbauer oder der Bauherr, sondern der Mieter, also häufig der Verputzer oder der Maler, der das Gerüst und seine Zusatzeinrichtungen konkret für seine Arbeiten benutzt. Arbeiten mehrere Gewerke gleichzeitig mit der Einrüstung, besteht eine Gesamtverantwortung der am Bau beteiligten Betriebe.

Der Maler- und Lackierbetrieb ist also gut beraten, sich mit aktuellen Wetter-Apps zu informieren oder das Radio auf der Baustelle eingeschaltet zu lassen. Hat der Betrieb nicht ausreichend Vorsorge getroffen und kommt es deshalb zum Schadensfall, ist selbstverständlich die Betriebshaftpflichtversicherung eintrittspflichtig.


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