Unwetter und Recht (III): Eigenschäden an laufenden Baustellen vor Kundenabnahme


Von:  RA Wolfgang Reinders / 11.08.2021 / 20:12


FRANKFURT. Die Hochwasserkatastrophe Mitte Juli in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern hat vielen Menschen die Dynamik des Klimawandels wieder vor Augen geführt. Wetterextreme wie Stürme und Starkregen werden in Zukunft häufiger auftreten. Wie Maler- und Lackierer mit sogenannten „Eigenschäden“ an noch nicht abgeschlossenen Baustellen umgehen sollten, klären wir im letzten der drei Teile der Serie Unwetter und Recht.


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  • Abgewaschener Putz und Farbe, beschädigte Wärmedämmung, feuchtes Mauerwerk: Starkregen und Hochwasser können auch an laufenden Baustellen Schäden anrichten.

Der Eigenschaden ist juristisch betrachtet das Gegenteil zum Fremdschaden. Wenn beispielsweise ein starker Hagelschauer eine neuverkleidete Fassadendämmung beschädigt oder frische Fassadenbeschichtungen abwäscht, kommt häufig die Frage auf, wer hierfür den Schaden trägt. Die Rechtslage zwischen Maler und Kunde ist aber eigentlich klar: Bis zur Abnahme trägt der Maler das Risiko von Hagel- oder Starkregenschäden. Er muss dem Kunden auf seine Kosten ein einwandfreies Werk abliefern. Wird seine halbfertige Arbeit durch ein Unwetterereignis beschädigt, muss er es selbst ausbessern. Dies gilt bei einem Vertrag nach BGB uneingeschränkt. Beim VOB-Vertrag ist das Risiko allerdings ein wenig abgemildert. Hagelt es bei einem außergewöhnlichen Unwetterereignis tennisballgroße Eisbrocken auf die Erde oder Starkregen sorgt für Sturzfluten, trägt nach § 7 VOB/B der Kunde das Risiko.

Materialwerbung schützt nicht vor Regressansprüchen

Einige Hersteller preisen ihre kaschierten WDVS-Dämmungen als „hagelsicher“ an oder erklären, dass ihre Beschichtungen schnell trocknen oder wenige Stunden nach Anwendung gar „regenstabil“ seien. Diese Formulierungen sind bei Unwetterereignissen nicht immer zutreffend. Deshalb bestehen grundsätzlich Regressansprüche des Malers, wenn das Material entgegen der Anpreisung versagt. Ersetzt werden dann nicht nur die Materialien, sondern auch die Ein- und Ausbaukosten.

Drittschadensliquidation durch die Gebäudeversicherung des Bauherrn

Grundsätzlich trägt zwar die Gebäudeversicherung des Bauherrn den Unwetterschaden, schwierig ist die Rechtslage aber bei einem noch nicht fertigen Gewerk. Hier verweisen die Versicherer ihren Versicherungsnehmer regelmäßig an den Handwerker, weil der Kunde eben einen Anspruch auf die Fertigstellung – und eben keinen Schaden – hat. Dieses Verhalten der Versicherer ist allerdings nicht ganz unumstritten. Man könnte sagen, dass es sich hier um eine gewisse „Grauzone“ handelt.

Wenn das Eigentum an der halbfertigen Leistung auf den Bauherrn übergegangen ist – und das ist bei fester Verbindung der eingebauten Dämmung, dem aufgebrachten Putz oder der Beschichtung mit dem Gebäude regelmäßig der Fall – wäre die Versicherung „eigentlich“ grundsätzlich eintrittspflichtig. Der Maler kann im Wege der Drittschadensliquidation mit Hilfe des Kunden seine Ansprüche durchaus durchsetzen. Ganz konkret kann sich der Maler die Ansprüche des Kunden gegen dessen Versicherung abtreten lassen und dann selbst gegen die Versicherung vorgehen. In der Praxis wird diese Art der Schadenregulierung aber nur ganz selten überhaupt versucht.

Betriebshaftpflichtversicherung des Malers zahlt nicht

Für den Maler ist es wichtig zu wissen, dass seine abgeschlossene Betriebshaftpflichtversicherung die Unwetterschäden an der eigenen, noch nicht fertiggestellten Leistung, definitiv nicht deckt. Hier geht es nämlich nicht um ein Schadensersatzereignis an fremdem Eigentum, sondern um den sogenannten Erfüllungsschaden. Das Werk ist beschädigt und muss neu angefertigt werden. Dieser Schaden ist ähnlich wie der Gewährleistungsmangel nicht durch die Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt.

Bauwesen- bzw. Bauleistungsversicherung ist die Lösung

Einen sicheren Weg, sich vor Schaden vor Abnahme zu schützen, bietet nur der Abschluss einer Bauleistungsversicherung. Sie ist genau für diese Fälle konzipiert und deckt alle Unwetterschäden einschließlich Diebstahl, anonyme Beschädigungen und Vandalismus vor Abnahme zugunsten von Handwerker und Bauherrn. Es ist eine Art gemeinschaftliche Versicherung. Üblicherweise wird diese Versicherung vom Bauherrn „für alle Beteiligten“ abgeschlossen und die Kosten umgelegt, meist mit 0,3 Prozent der Bausumme. Das ist das Beste, was dem Maler in der Situation passieren kann. Er sollte also stets darauf achten, gegebenfalls sogar darauf drängen, dass solche äußerst sinnvollen Policen vom Bauherrn abgeschlossen werden anstatt über die Umlage von 0,3 Prozent zu „stöhnen“. Bei größeren Baustellen mit hohen Materialkostenaufwand ist ein Abschluss einer Bauleistungsversicherung sogar ratsam.

Bleibt der Bauherr untätig, sollte der Malerbetrieb aber auch selbst Vorsorge treffen und eigenständig solche Policen abschließen. Die Versicherungswirtschaft ist dazu bestens aufgestellt und bietet entsprechende Policen an. Angenehmer Nebeneffekt: Solche Direktversicherungen sind in der Regel sogar nur halb so teuer – etwa 0,15 Prozent der Bausumme – und bieten entsprechenden Schutz.


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